Meine 3 Jahre in der Sozialtherapeutischen Wohnstätte – ein Bericht von Gordon Sommer

GESOP ist wie eine große Familie, sagte mir der junge Jahrespraktikant mit einem warmen Gesichtsausdruck, als ich mir die Wohnstätte Ende September 2020 anschaute.

Jeder potentielle Bewohner darf vor seinem Einzug ein Probewohnen machen. Das halte ich für sinnvoll und richtig. So haben beide Seiten die Chance, sich kennen zu lernen. Mein Probewohnen lief wirklich gut. Da ich über Monate davor in Klinikbetten gelegen habe, war es für mich toll, abends in ein weiches und warmes Bett zu fallen.

Von Anfang an machte mir die Lage des Wohnheims große Sorgen. Der Hauptbahnhof ist nur 5 Minuten Fußweg entfernt und mein wahrscheinlich zukünftiges Zuhause ist umarmt von Hochhäusern, stark befahrenden Straßen und begleitet von einem unnachgiebigen Stadtlärm. Trotzdem entschied ich mich schnell dafür, in die Wohnstätte einzuziehen.

Auch weil die zentrale Lage nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile bietet. Bushaltestelle, Lidl, Konsum, Zahnarzt: das alles liegt quasi nur einen Schritt vor der Haustür. Und auch, das der Hauptbahnhof in der Nähe liegt, hat ja auch nicht nur Schlechtes. Mit der Buslinie 62 ist man in nicht einmal 20 Minuten an der Elbe. Um es vorwegzunehmen: meine Ängste und Sorgen waren trotzdem berechtigt. Aber immer wenn ich die Eingangstür hinter mir zuschlagen hörte, fühlte ich mich sicher in den Wänden der GESOP. Die Betreuer gaben mir immer ein Gefühl der Sicherheit und irgendwie fühlte ich mich auch beschützt.

Ich war schon in vielen sozialen Einrichtungen in meinem Leben und immer begleitete mich das Glück, dass ich mich mit meinem Bezugsbetreuer gut verstand. Und so blieb mir dieses Glück auch bei der GESOP treu.

Am 7.November (gut einem Monat nach meinem Probewohnen) klingelte ich also an der Haustür meines neuen Zuhauses. Es sollte mir für viele Jahre meines Lebens ein Dach über dem Kopf schenken. Ängste, Zweifel, Sorgen und große Unruhe begleiteten mein Gefühlsleben, als ich auf die Klingel drückte. Wird es mir jemals wieder gut gehen? Werde ich jemals wieder ein Leben leben, dass ich als lebenswert betrachten kann? Oder zumindest: in diese Richtung? Werde ich mit dem Großstadtleben zurecht kommen? Ich hatte also nicht wenige Bedenken an diesem Novembertag.

Meine Bezugsbetreuerin empfing mich nett, offen und freundlich. Nach nicht mal einer Minute waren wir schon beim Du. In der Regel Duzen Betreuer und Bewohner sich bei der GESOP. Das Team war relativ jung. ( Mitte, Ende 20).

Auch deswegen konnte das Team sich schnell in meine oft generations-typischen Probleme einfühlen. Wir brauchten also keinen großen Anlauf, um an meinen Problemen zu arbeiten. Das Haus hat 3 Etagen und ein Erdgeschoss. Die Betreuer empfand ich stets als freundlich, hilfsbereit, empathisch, reflektiert und professionell. Meine Bezugsbetreuerin war stets bemüht um mich. Oft redeten wir stundenlang, manchmal mehrmals in der Woche. Ich suchte oft den Kontakt zu den Betreuern, manchmal auch nachts um  1 Uhr. Die Wohnstätte wird also 24 Stunden betreut.

Trotz Berge von Akten hatte die Leiterin des Hauses Frau Bisping immer ein offenes Ohr für mich. Ich fühlte mich bei Ihr verstanden und ernst genommen. Das Haus umgibt ein großzügiger Garten, wo man auch im Sommer immer einen Schattenplatz finden konnte. Über viele Umwege, Vor- und Rückschritte, Erfolge und nicht so schönen Erlebnissen, vielen Auf- und Abs, Enttäuschungen und Momente des Glücks habe ich es nach drei Jahren geschafft, in eine Außenwohngruppe zu ziehen.

Vielen Dank an das gesamte Team der GESOP!

Gordon Sommer im Mai 2024